Reise in die Bretagne im Juli 2014

von Hedwig

Kurzversion:

18.-20. 7. 2014: Quevert/Dinan bei Ginette und Francois

Fete des Remparts – Mittelalterfest

Léhon mit Klosterkräutergarten

St. Malo umrundet

21.-23. Ile de Brehat, ca 100km westlich von Dinan

23.-25. Rundreise durchs Finistère: 2 Übernachtungen im Manoir de Trouzilit in Treglonou am Aber Benoit

25.-28. in Quevert/Dinan

Ferme Aubernais

Fest Noz mit repas breton und Tanz

Picknick in Saint Jacut sur la mer, Wanderung die Rance entlang bis ècluse und pont, Römerstraße

Alltag: viel Autofahrerei, regelmäßig Essen,  wenig Bewegung

Höhepunkte: Ginettes und Francois‘ Gastfreundschaft, Ile de Bréhat samt Freundinnengesprächen und Tanzen am Fest noz

Langversion:

Endlich verwirkliche ich meinen seit Jahren gehegten Plan mit meiner Kärtner Freundin Susanne, die ich nun seit fast 25 Jahren kenne, in die Bretagne zu fahren. Mein Dank an sie für ihre große Unterstützung beim Servas Treffen Alpe Adria in Klagenfurt 2013 und ihr runder Geburtstag, den es noch zu feiern galt, waren willkommene Motive die Reise organisatorisch in Angriff zu nehmen. Termin konnten wir bald finden, konkretes Reisziel schlug ich auch gleich vor, aber meine Fähigkeit Flüge zu suchen und zu buchen erwies sich als beschränkt. Susi griff erfolgreich ein und so konnte ich weiter planen. Der Kontakt zu unseren ersten Wohnungstauschpartner aus dem Jahre 1990, Ginette und Francois, die wir immer wieder im Laufe der letzten 24 Jahre entweder in Frankreich oder in Österreich getroffen und deren Tochter samt Schwiegersohn ein Wochenende mit Kultur in diesem Frühjahr bei uns verbracht hatten, war bald hergestellt und sie waren so nett, uns für ein paar Tage im Juli in ihrem Haus in Quevert bei Dinan Quartier zu geben.

Die Anreise war geprägt von Verkehrsproblemen, Susis Zug aus Klagenfurt brauchte um fast 45 Minuten länger nach Wien als vorgesehen, ihr Taxi steckte im Stau und kam doch gerade noch rechtzeitig zur Bording time an; unser Flug nach Paris ging erst nach einem Gewitter mit 20 Minuten Verspätung ab und zu guter Letzt brauchte unser Flugzeug eine zweieinhalbstündige Reparatur, bevor wir nach Rennes abfliegen konnten. Bloß Ginette und Francois, unsere fürsorglichen Gastgeber, warteten rechtzeitig auf uns in Rennes und brachten uns pünktlichst nach Mitternacht in ihrem bequemen Häuschen in Quevert in wunderbar weichen Betten, die wir mit Langschläferei gut nützten, unter.

Gleich am ersten Tag gab es ein Mittelalterfest, das „Fete des Remparts“, in der hübschen Stadt Dinan, das wir nicht versäumen durften. Susi konnte das Zentrum mit seinen mittelalterlichen Fachwerkhäusern erst am letzten Tag wirklich kennen lernen, da beim Fest vor lauter Menschen und Aktionen, wie Turniere, Falkenschau, Handwerkerkunst, Tanz und einem défilé der kostümierten Teilnehmer, die mit Fahnen, Eseln, Gänsen und Schweinen, Gesängen, Musik und gruseligen Szenen die berühmte rue du Jerzual hinaufzogen. GeF schleusten uns durch die Masse und fanden immer die besten Plätze für uns.

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Am nächsten Tag besichtigten wir zuerst das Gelände eines ehemaligen Schlosses und ein Kloster mit einem Kräutergarten im Kreuzgang in Léhon. Wir bewunderten auch das kleine malerische Dorf rund um das Kloster, Steinmauern und überall die Blumenpracht, Hortensien allen voran, aber auch Lilien, Sommerflieder, Malven (roses crémiers) Artischokenblüten und Agapanthes (Schmucklilien, blaublühend, bei uns gibt es sie orangeblühend) usw.

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Dann fuhren wir nach St. Malo und machten einen weiten Küstenspaziergang rund um die Stadt, durch das Hafengelände und auf den Stadtmauern. Francois erklärte uns immer wieder die Geschichte und wies uns auf die Gegenwart der Anlagen hin. Ginette kümmerte sich hingebungsvoll um die Ernährungslage und alles, was unser leibliches Wohl betraf.

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Am dritten Tag, dem 21. Juli, führten uns GeF nach Arcouest, wo wir uns für 2 Tage von ihnen verabschiedeten und die Navette zur Ile de Bréhat nahmen. Seit 1987 träume ich von einem Inselaufenthalt. Ich hatte dort im Zuge eines Französischlehrerseminars ein paar Stunden verbracht und es so schön gefunden hatte, dass ich unbedingt noch einmal hin wollte und es also 27 Jähre später schaffte. Immer noch gibt es dort wunderschöne Steinhäuser, jede Menge ros-lila-rot-violett-weiß blühender Hortensien und andere farbkräftige Blumen, riesige Eukalyptusbäume, Pinien, Palmen und unzählige Buchten mit rosa Sand und rosa Felsen. Das von Ginette besorgte chambre d’hote erwies sich als bestens gelegen, mit Terrasse und Holzbestuhlung hübsch gestaltet, praktisch und gut geeignet für uns zwei Ruhe, Erholung, Sonne, Strand und Meer Suchende. Gleich der erste Spaziergang führte uns durch die gesamte Insel vorbei an der alten Gezeitenmühle und an der Kirche bis zum Leuchtturm am anderen Ende. Wir waren selig. Das Wasser probierten wir sogar bei Ebbe aus und befanden es angenehmst auf der Haut, prickelnd wie Champagner. Auch am nächsten Tag genossen wir voll und ganz die Ruhe, den Strand und das Baden, gingen abends in ein schönes Restaurant essen um nochmals auf Susis Jubiläum und unsere langjährige Freundschaft anzustoßen.

Die feierliche Ansprache lautete so oder so ähnlich:

Ma chère Susi

ni chouette ni chauve-souri,

avant d’etre pourries

nous deux, on se retrouve

à l’Ile de Bréhat

comme au paradis

ma bien aimée amie.

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Am 23.7. brachen wir auf um mit GeF eine Zweitagesrunde durchs Finistère, den nordwestlichen Teil der Bretagne, zu machen. Wir gelangten exakt zur selben Zeit ans Ufer, wie GeF mit dem Auto eintrafen und schon ging’s los. Typisch für diese Gegend sind die rosa Granitfelsen, außerdem die Aber, das sind tiefeingeschnittene Fjorde. An einem solchen hatte Ginette ein Quartier reserviert, in einem Manoir, einem ehemaligen Schlösschen, das heute als Pferdefarm und Hotel/Restaurant genützt wird. Abends aßen wir gute Galettes (aus Buchweizenmehl) und Crepes (aus Weizenmehl). Am nächsten Tag ging es weiter von Strand zu Strand, von Leuchtturm zu Leuchtturm. Wir besuchten bei Ebbe die Marienstatue, der nachgesagt wird, dass sie Wunder bewirken kann. Junge Mädchen, die ihre Nase küssen, heiraten mit Sicherheit im kommenden Jahr. Die Nase dieser steinernen Maria ist jedenfalls platt, abgeküsst oder so. Wir gruppierten uns um die Flachnase und freuten uns darüber, dass wir sie nicht küssen mussten.

In Ménéham an der nördlichen Küste gibt es ein Museumsdorf mit vielen kleinen, hübschen Häuschen, Kunstgewerbeausstellungen und -Verkauf sowie einen Film über die Geschichte der Gegend, wo in vergangenen Zeiten eine der Gelderwerbsmöglichkeiten der Küstenbewohner darin bestand, Schiffe an die Felsen zu lotsen, sodass sie dort zerbrachen, um sie dann auszurauben.

Wir gingen die weißen, felsumrandeten Strände entlang, sprangen an der schönsten Stelle ins Wasser: es war eiskalt, 16 Grad, ich wollte es nicht glauben, aber mich fröstelte und nur die Wörthersee gewohnte Susi schwamm weiter hinaus. Die atlantische Kälte hatte mich leider ergriffen; einige Tage später brach die Verkühlung aus.

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In Porsall gibt es ein Denkmal für die größte Ölpest Europas, die Katastrophe im Jahre 1978, bei der aus dem Tanker Amoko Kadiz Millionen Tonnen Erdöl ausflossen und die Küsten auf Jahre verseuchten. Ja, das ist Zeitgeschichte, an die wir uns erinnern können.

GEF haben sorgfältigst ein Restaurant ausgesucht, in dem es eine typisch bretonische Speise nur an einem bestimmten Tag der Woche auf Bestellung zum Mittagessen gibt: Kik ha Farz. Zuerst bemühten wir uns sehr das Wort zu erlernen und an Ort und Stelle in Ploudaniel, bemühten wir uns dann die Speise zu genießen: gekochte Schweinsstelze, gekochtes, sehr fettes Bauchfleisch, gekochtes Suppengemüse, Karotten, Erdäpfel, Kohl, Zwiebel udgl. Dazu gab es eine etwas süßliche Zwiebelsauce und Heidensterz, der aussieht wie ein dunkler Grießschmarrn. Das alles war für uns gewöhnungsbedürftig, es erinnerte mich an das steirische Krenfleisch; wir freuten uns jedenfalls, dass wir eine bretonische, sehr deftige Spezialität kennen lernen durften.

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Am nächsten Tag stand die Westküste mit dem westlichsten Zipfl der Bretagne, dem Pointe Saint-Mathieu, auf dem Programm. Da gibt es einen riesigen Leuchtturm (dieser wie alle anderen Leuchttürme nicht mehr bewohnt) und einen Semaphore (technische Anlage für die Schiffahrt, die immer, soviel ich verstanden habe, an Land stehen und in Betrieb sind) gibt. Außerdem gibt es dort eine große Kirchen- und Klosterruine (schon im 19.Jh. verfallen). Leider war es an diesem Tag recht diesig und konnten wir die Insel Ouessant nicht ausnehmen, es ist die größte Insel der Gegend und mir bekannt, weil sie Schauplatz des meiner Meinung nach schönsten Films der letzten Jahre ist „Die Frau des Leuchtturmwärters“ . Francois ist immer wieder enttäuscht, wenn er uns nicht so gute Aussicht auf die Inseln und die Leuchttürme bieten kann.

Dann geht es durch den Stadtrand von Brest und nach einem Picknick an einer schönen Stelle, einer Halbinsel, wo Francois im Winter immer Austern sammeln geht, zum höchsten Berg der Bretagne, dem Montage Saint Michel (380 m hoch). Hier ist wunderschöne Aussicht auf das Innere Finistère. Und dann kommen wir zu den 3 Kirchen mit Enclos, O ssuaire und Calvaire, Pleyben, Commana und Saint-Thegonnec, eine schöner und romanischer als die andere. Und das war nur eine Auswahl, davon gibt es mindestens noch 3 genauso interessante.

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Etwas erschöpft kehrten wir nach 250km Autofahrt, die uns Francois unermüdlich chauffierte, Ginette alles kommentierend an seiner Seite, nach Dinan/Quevert heim, gingen abends noch in eine pataterie, ein „Erdäpfelrstaurant“ essen und fielen todmüde in unsere Betten. Der nächste Tag wurde zum journée de repos ausgerufen: vormittags fuhren wir mit Ginette zur Ferme des Aubernais, vorne Streichelzoo, dahinter Massentierhaltung, und eine riesige Fleischhauerei, in der man angefangen von der Gänseleber bis zum Lammfleisch und zum Rosé und Ziegenkäse alles kriegt, was in der französischen Küche Rang und Namen hat. Bio ist aber wahrscheinlich gar nichts. Die Felder der Ferme liegen zu beiden Seiten dicht an der Autobahn.Dann erforschten wir noch, wo es ein Fest noz gibt, Susi wurde fündig: ein fete des megalithes nur ein paar Kilometer von Quevert entfernt, in Pleslin, unter großen Eichen und zwischen riesigen Steinen. Am Nachmittag werden dort bereits von und mit den Kindern alte Holzspiele gespielt, es wird musiziert und riesige Schweinshaxen werden über dem offenen Feuer gebraten. Auch Francois ließ sich vom Festbesuch überzeugen, als er erfuhr, dass es dort ein repas breton gibt. Abends fuhren wir hin, dinierten, plauderten mit Leuten am Tisch und kamen sogar zum Tanzen auf der riesigen Tanzfläche, die von Jung und Alt, Groß und Klein, Dick und dünn bevölkert wurde. Die meisten konnten die Tänze, Schottischen Polka, Mazurka und Gavotte, wie ich sie vom Bal Folk kenne. Sogar Susi und Ginette ließen sich mitreißen; wippten zuerst im Rhythmus mit.und waren bald im Reigen drin. Ich war begeistert. Ein junger Mann drängte sich zwischen uns, nahm uns an den Händen und zeigte uns den Schritt. Noch ein paar Feste und wir können flott mithalten! Francois erfüllte die wichtige Aufgabe, unsere Taschen zu halten mit großer Würde.

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Der nächste und letzte Tag gehörte noch einer Küstenwanderung bei St. Jacut de la Mer am Vormittag, Picknick auf der Wiese und am Nachmittag noch einer Wanderung die Rance entlang, sogar ein Stück Römerstraße war dabei; Francois erklärte uns die Geschichte des Verlaufs der Rance, bevor ein Stausee daraus gemacht wurde. Wir marschierten hügelauf, hügelab, einen schattigen Weg mit immer wieder schönen Ausblicken auf den Fluss und auf versteckte Schlösschen und Dörfer, la France profonde de la meilleure sorte. Schon von weitem hörten wir bretonische Gesänge; bei der Ecluse gab es noch ein Fest; als wir vorbei kamen, marschierten grade eine Dudelsackband und Frauen im bretonischen „Dirndl“ auf, und wieder war ich vollauf begeistert.

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Francois kennt viele bretonische Wörter, behauptet jedoch nicht Bretonisch zu können. Deutlich ist, dass das Bretonische heutzutage zumindest im Straßen- und Stadtbild allgegenwärtig ist.

Dann zog sich der Weg entlang der Rance noch ziemlich lang dahin. Francois beschloss das Auto zu holen und die „Damen“ ins Cafehaus zu schicken. Ich begleitete ihn zum Auto, es ging noch ziemlich weit den Hügel hinauf an der Jugendherberge, einer ehemaligen Mühle, und einer ehemaligen Thermalquelle vorbei bis nach Dinan. An diesem Abend jammerte ich nicht darüber zu wenig Bewegung gehabt zu haben. Es waren ca 18 km zu Fuß und meine Füße gaben mir zu verstehen, dass das genug war. Ginette und Susi ging es nicht anders.

Noch einmal Apero, Crevettes, Hauptspeise usw Dazwischen schneiten die Jungen herein, Nolwenn, Xavier und die 2 Kinder, Mathis und Luna, kamen soeben aus Korsika zurück, hatten eine Autofahrt von 13 Stunden hinter sich und sollten unbedingt Ginettes und Francois‘ Ersatzkinder für diese Julitage 2014 kennen lernen.

Dann ging’s ans Zusammenräumen und Einpacken.

Am Montag, 28.7. in der Früh Abreise: Francois chauffierte uns liebenswürdigerweise nach Rennes, herzliche Verabschiedung. Tausend Dank für die Gastfreundschaft an Ginette et Francois.

Au revoir à Vienne ou où???

Ja, nicht zu vergessen, die allerschönsten Hortensien gibt es in Ginettes und Francois‘ Vorgarten!

Les voilà:

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Heimreise am 28. 7. ohne jegliche Verspätung.
Von Lorenz war während der Reise oft die Rede; Ginette und Francois bedauerten sehr, dass er nicht mit war; er fehlte uns bei den Gesprächen über Geschichte, Kunst und Politik und natürlich sonst an allen Ecken und Enden. Er wäre sicher ein begeisterter Besichtiger der Kirchen und Calvaires gewesen.

Er holte uns am 28.7. 2014, zufrieden mit den 10 Strohwitwertagen in Wien, vom Flughafen ab.

Wien, am 28. August 2014